Demenz - Wenn die Welt ver-rückt

 

 Def: Nach ICD 10  

 Das dementielle Syndrom als Folge einer Erkrankung des Gehirns verläuft gewöhnlich fortschreitend unter Beeinträchtigung vieler höherer kognitiver Funktionen, einschließlich Gedächtnis Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen. Das Bewußtsein ist quantitativ nicht gestört.
Die kognitiven Beeinträchtigungen sind meist begleitet von Verschlechterungen der emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens oder der Motivation. Dieses Syndrom kommt bei Alzheimerkranken, bei cerebrovaskulärer Erkrankung und bei anderen Zustandsbildern vor, die primär oder sekundär das Gehirn betreffen.


 

Ca. 800 000 Menschen in Deutschland leiden unter Demenz, zwei drittel davon unter Morbus Alzheimer.

Die Medizin steht der Alzheimer Krankheit machtlos gegenüber. Denn es gibt derzeit keine Behandlungsverfahren, die den schicksalhaften Verlauf der Erkrankung dauerhaft aufhalten oder rückgängig machen können. Möglichkeiten der Behandlung sind relativ gering und zielen darauf, die Beschwerden zu lindern, die Lebensqualität der Erkranken möglichst lange zu erhalten und noch vorhandene Fähigkeiten zu fördern.

Die Alzheimer Kranken und deren Angehörige stehen keineswegs im Rampenlicht der Gesellschaft. Der Beginn der Krankheit wird von den Ärzten vielfach übersehen, die Diagnose selbst wird vermieden, weil sie ein geistiges Todesurteil für den Betroffenen bedeutet.

Die Angehörigen wehren sich gegen die Erkenntnis, daß die Mutter, der Vater oder der Ehepartner an einer Demenz leidet. Aus Scham oder Unkenntnis bagatellisieren sie die ersten Anzeichen der Krankheit und versuchen auch gegenüber dem Hausarzt den Schein der Normalität zu wahren.

Die Alzheimer Patienten tragen die Last der Hochaltrigkeit unserer Gesellschaft, sie und ihre Familien zahlen dafür einen hohen Preis, denn jeder Mensch schätzt die Fähigkeiten eines gesunden Verstandes. Die Kranken fallen oft durch das Raster der Pflegeversicherung und Sparmaßnahmen der Krankenkassen.

Die Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Pflegekassen stufen die oft sehr mobilen und körperlich scheinbar intakten Dementen in viel zu niedrige Pflegestufen ein. Teure Medikamente, Untersuchungen und Hilfsmittel werden von den Ärzten nicht mehr verschrieben, weil sie zu sehr den finanziellen Budget belasten.

Laut Statistiken sind ca. 300 000 Alzheimer Patienten in den stationären Pflegeeinrichtungen untergebracht. Die Betreuung von dementen alten Menschen ist eine der größten Herausforderungen für die moderne Altenhilfe.

In den letzten Jahren wird zunehmend versucht das Versorgungsprinzip „satt, sauber, sediert“ zu überwinden. Besonders für die Kranken mit starken Verhaltensauffäligkeiten wurde differenzierte und sensiblere Form des Umgangs entwickelt, die Milieutherapie. Ein dementgerechtes Milieu eines Altenheimes beinhaltet folgende Aspekte:

1.  bauliche Kriterien; u.a. Wohnlichkeit der Einrichtung, ausreichend Bewegungs- und Aufenhaltsmöglichkeiten für die individuellen Bedürfnisse des Patienten selbst und zur Durchführung von Gruppenangeboten.

2.  Kriterien der Tagesstrukturierung; die Patienten sollten die Möglichkeit haben, sich ihren Fähigkeiten gemäß beschäftigen zu können und in ihren Aktivitäten unterstützt zu werden.

Der Demente hat ein Recht auf eine Gestaltung des Tagesablaufs ohne Einengung und Zwänge. Das bedeutet, daß die Körperpflege und der Wäschewechsel nach persönlichen Bedürfnissen erfolgt und die eigene Vorstellung von Ordnung zugelassen wird. Dabei sind die Einstellung, die Arbeitsorganisation und das Wissen der Betreuer gefragt.

3.  Kriterien der Wertschätzung und der Menschlichkeit; in den Einrichtungen, wo ein klares, überschaubares, auf das Wohl der Heimbewohner ausgerichtetes Pflegekonzept vorhanden ist und gelebt wird, spürt man die familiäre Atmosphäre, wo ein Kranker als erwachsene, mündige Person behandelt wird. Nach dem Motto, daß das einzige, was der Demente noch registriert, ehrlich gemeinte Zuwendung und Verständnis ist, wird die Wärme und Akzeptanz zum wichtigen Teil des Pflegeprozesses.

 

Diese optimalen Kriterien haben leider mit der Realität nicht viel gemeinsam.

Neue Gesetze, Verordnungen, Einarbeitung in die Pflegedokumentation ringen um materielle Verbesserung. Der Personal- und Geldmangel unterbinden die Kreativität und das Zukunftsdenken vieler Mitarbeiter. Es mangelt an Fachpersonal, das die Besonderheiten bei der Pflege und Betreuung des Dementen versteht und respektiert.

Die Hektik des Tagesablaufs (Zeit zum Waschen und Anziehen ca. 15-20 Minuten) wirkt sich nicht gerade beruhigend auf die Patienten aus. Sie spüren den Zeitdruck, werden nervös, die Bereitschaft zum aggressiven Verhalten steigt. Das wiederum führt zu Fehleinschätzungen seitens des Personals, bei Aggressionen wird die Bereitschaft zur neurologischen Einstellung viel leichter ausfallen, Demente werden mit Psychopharmaka „ruhiggestellt“.

In vielen Altenheimen werden aufgrund von baulichen Defiziten Patienten mit verschiedenen Schwergraden der Demenz den ganzen Tag in einem Raum „aufbewahrt“. Gruppenangebote, falls überhaupt vorhanden, sind selten auf verschiedene Grade der Demenz zugeschnitten. Die Einzelbetreuung bleibt meistens auf der Strecke. Ein Betreuungskonzept der Dementen ist in den meisten Altenheimen nicht vorhanden.

Patienten mit Morbus Alzheimer sind sowieso meistens „unbeliebt“ – sie können sich nicht benehmen, sind unsauber, nicht korrekt angezogen, unruhig, laut, oft aggressiv. Sie werden auch kaum verstanden. Das Personal möchte gerne saubere und nette Bewohner haben. Jede eigene Aktivität der Dementen wird oft unterdrückt, sie dürfen sich nicht alleine waschen und anziehen, weil sie das nicht richtig und schnell genug machen. Diese Sichtweise vertreten auch viele Angehörige, die ihre Mutter oder ihren Vater im Altenheim besuchen.

Somit wird ein dementer Patient in kürzester Zeit nach dem Einzug ins Altenheim zum Pflegefall erzogen.

Es mangelt in vielen Altenheimen an Angehörigenarbeit. Das Personal sieht die Angehörigen als Störfaktor, die Angehörigen das Personal als unfähig, die Bewohner sauber zu halten. Dabei ist die Zusammenarbeit der wichtigste Teil der Betreuung des Dementen.

Viele Angehörige sind kaum über das Fortschreiten der Krankheit informiert, verstehen das Verhalten ihrer Verwandten nicht mehr.

Seit sich der frühere amerikanische Präsident Ronald Reagan, die Schauspielerin Rita Hayworth und der ex- Bundestrainer Helmut Schön öffentlich dazu bekannten, an der Alzheimer Krankheit zu leiden, ist sie in den Blickpunkt der Medien und damit ins öffentliche Interesse gerückt.

Sie hat eine wachsende Bedeutung und Beachtung erlangt und ist ein gängiges Thema von Zeitungsartikeln und Fernsehsendungen. Der 21 September, an dem regelmäßig zahlreiche Veranstaltungen stattfinden, wurde sogar zum Welt-Alzheimer-Tag ernannt.

Jeder alte Mensch stellt sich die Frage: „Hat sich mein Leben gelohnt? Hat es jemandem genützt? Ist das Altern ein Lohn für geleistetes?“.

Welche Bedeutung hat für einen alten, verwirrten Menschen die Weisheit von Frankl:

„Jede Krankheit hat einen Sinn, nicht im Daß des Krankseins,

sondern in Wie des Leidens“.  

Unsere Gesellschaft steht in der Pflicht, die Fragen nicht unbeantwortet zu lassen, den Dementen zu helfen, daß ihr Leben und Leiden einen Sinn hat und nicht nur das langsame Sterben bedeutet.

            

 

Vier Säulen der Demenztherapie

Die Therapie der Alzheimerkranken bezieht sich auf vier therapeutische Bereiche:  

Die Psychotherapie, die Therapie des Körpers, die Milieu- und Soziotherapie.

 

 

 

 

 

 

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